Deutsch-ungarische Kulturtransferprozesse im mitteleuropäischen Raum

Das Thema Kulturtransfer ist ein Forschungsgebiet, auf dem in den letzten Jahren eine Großzahl von konkurrierenden Theoriemodellen erarbeitet worden sind: neben den Ansätzen der Historischen Komparatistik und der Transfergeschichte etablierten sich in den letzten Jahren die Histoire croisée[1] und das Konzept des Interkulturellen Transfers.[2] Gemeinsam ist allen Modellen die Bestrebung, rein nationalgeschichtliche Perspektiven abzulösen und sie durch transnationale Dimensionen in den Kulturwissenschaften zu ersetzen.

Die Kulturtransfer-Forschungen von Michel Espagne und Michael Werner bewiesen schon in den achtziger Jahren, dass im zentraleuropäischen Raum eine „auf nationale Kategorien basierende Kulturauffassung ungeeignet ist, das komplexe Spiel von Identitätskonstruktionen, gegenseitigen Abgrenzungen und Hybridisierungen, das den habsburgischen Mehrvölkerstaat auszeichnet“[3], zu beschreiben.

Von der Notwendigkeit einer theoretischen Reflexion des Kulturbegriffs für die weiteren Kulturtransfer-Forschungen ausgehend, plädiert Moritz Csáky in seinen Untersuchungen für ein Zentraleuropa, das einen „Zwischenraum“ „mit flüssigen, durchlässigen Grenzen sowohl gegen den Westen als auch gegen den Osten“[4] markierte, wo kulturelle Verflechtungen, Vernetzungen, Wechselwirkungen, Übergänge, Krisen und Konflikte zustande kamen.

Die gemeinsame Sektion des Hungaricum — Ungarisches Instituts an der Universität Regensburg und der Christlichen Universität Partium setzt sich zum Ziel, die deutsch-ungarischen Kulturtransferphänome im europäischen Kontext zu untersuchen, wobei Begriffen wie Zentrum und Peripherie, Hybridisierung, Regionalismus besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Erwartet werden dementsprechend kultur- und literaturwissenschaftlich orientierte Diskussionsbeiträge, die sich einerseits der Untersuchung von Objekten, Praktiken, Texten und Diskursen des deutsch-ungarischen kulturellen Transfers widmen, andererseits die Analyse der Rolle und Funktion von Vermittlerfiguren und Vermittlungsinstanzen bzw. der Selektionsmodi und Formen der Aneignung und der produktiven Rezeption in den Mittelpunkt stellen.

Anmeldungen sind samt des Vortragstitels sowie einer kurzen (höchstens 15-zeiligen) Zusammenfassung des Vortrags bis zum 20. April 2018 per E-Mail verbindlich an die folgenden zwei Adressen zuzuschicken:

  1. dem Organisationskomitee auf einer der angegebenen Möglichkeiten:
  2. den SektionsleiterInnen (siehe die angegebenen Kontaktadressen)

 


[1] Vgl. Michael Werner / Bénédicte Zimmermann: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen. In: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607–636.

[2] Vgl. Johannes Paulmann: Internationaler Vergleich und interkultureller Transfer. Zwei Forschungsansätze zur europäischen Geschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts. In: Historische Zeitschrift 267 (1998), S. 649–685.

[3] Siehe dazu: Celestino, Federico – Mitterbauer, Helga (Hg.): Ver-rückte Kulturen. Zur Dynamik kultureller Transfers. Tübingen: Stauffenberg Verlag, 2003 (Studien zur Inter- und Multikultur 22), S. 11.

[4] Csáky, Moritz: Das Gedächtnis der Städte. Kulturelle Verflechtungen – Wien und die urbanen Milieus in Zentraleuropa. Wien–Köln–Weimar: Böhlau, 2010, S. 55.